Tübingen: Dreifürstenstein bei Mössingen

Kann man bei einem Metzger übernachten und was hat das Wetter bei der Fussball-WM 2006, mit unserer Wanderung zum Dreifürstenstein zu tun? Beide Fragen klären wir gleich.
Zunächst zur Übernachtung. Wir planen zwei Nächte ein, weil wir am ersten Tag unseres Kurzurlaubs nur anreisen und am Folgetag noch eine zweite Tour im Landkreis Reutlingen machen möchten. Auf der Suche nach einer Unterkunft in der Nähe von Mössingen, findet Margit die Bio-Metzgerei Grießhaber in Öschingen, die zu unserem Erstaunen nicht nur eine Metzgerei betreibt, sondern nebenbei noch zwei Ferienzimmer vermietet. Die Zimmer befinden sich in einem neuen ökologisch gebauten Holzhaus, in dem die Familie Grießhaber auch selber wohnt und haben beide eine Eingangstüre nach draußen. So kenne ich das bisher nur von Motels, finde es aber super praktisch, auf diese Weise ist man vollkommen für sich. Im Zimmer riecht es ganz angenehm nach Holz, kein Wunder in einem Holzhaus und so fühlen wir uns gleich ein wenig, wie bei einem Aufenthalt auf einer Berghütte.
Am nächsten Morgen schauen wir in der Metzgerei nebenan vorbei. Wir benötigen für heute ein Rucksackvesper, von Nussgipfeln alleine werden wir bestimmt nicht satt, also fragen wir hier nach belegten Brötchen. Wie sich später herausstellt, war das die richtige Entscheidung! Super leckere Brötchen mit von Grießhabers selbstgemachter Fenchel-Salami. Sehr zu empfehlen, falls ihr mal in der Gegend seid!
So weit also so gut, aber wir brauchen ja auch noch unsere geliebten Nussgipfel, um die geht es schließlich auch. Werden wir im Landkreis Tübingen fündig, wird er unseren in der Zwischenzeit gestiegenen Anforderungen gerecht werden? Um es vorweg zu nehmen, zwei ganz klare Ja!
In Mössingen gibt es die Bäckerei Wiech. Beim Erstkontakt wird aufgrund meines Dialektes vermutet, wie wären Schweizer. Und ich hatte mich sogar noch angestrengt, irgendwie halbwegs hochdeutsch zu reden. Egal, so haben wir gleich ein Gesprächsthema und es stellt sich heraus, dass die freundliche Bäckersfrau öfter Urlaub am Bodensee macht und ungefähr zuordnen kann, in welcher Ecke wir zu Hause sind. Die Nussgipfel heißen hier, wie anderswo auch schon erlebt, Nusshörnchen und machen rein optisch schon gleich einen guten Eindruck, das lässt hoffen.


Mit dem Auto geht es dann zum Parkplatz Olgahöhe. Auf dem Weg dorthin verfahre ich mich mehrmals gnadenlos, die Vorbereitung zu Hause hätte ich mir offensichtlich sparen können. Irgendwann kommen wir aber dort an und checken erst einmal in welche Richtung es für uns losgeht. Anscheinend schauen wir mit einem so großen Fragezeichen im Blick, dass wir von einem Mitarbeiter der Landesforstbehörde angesprochen werden, der hier beruflich unterwegs ist. Wir zeigen ihm unsere Tourenplanung und er versichert uns, dass wir eine sehr schöne Runde ausgesucht haben. Schließlich erzähle ich ihm von unserem 35-Nussgipfel Projekt und er ist gleich begeistert. Er möchte wissen, welches die höchsten Punkte in verschiedenen benachbarten Landkreisen sind. Ich komme sofort ins Schwärmen und erzähle ihm von einigen Überraschungen, die wir bisher schon erlebt haben. Gleich zu Beginn ein nettes Gespräch – sehr schön!
Jetzt aber los.
Es geht direkt steil nach oben, auf schmalen, gut markierten Pfaden. Als wir aus dem Wald rauskommen, stehen wir auf dem Gelände des Flugsportverein Mössingen e.V., das sich auf der beeindruckenden Hochebene des Farrenbergs befindet. Von hier aus genießen wir den ersten Weitblick heute. Schön aber „oha“! – am Himmel sieht es aus, als ob ein heftiges Unwetter aufzieht. Das ist in meiner Planung so nicht vorgesehen! Wir sind doch bester Dinge, schöne Natur, sehr schön angelegte Wege, nach längerer Pause endlich mal wieder auf einer Nussgipfel-Tour. Und daher kann das Wetter ja auch nicht schlecht sein, oder?



An dieser Stelle komme ich nun auf das Anfangs erwähnte Wetter bei der Fussball-WM in Deutschland, dem sogenannten „Sommermärchen“ zu sprechen. Bestimmt erinnert ihr euch auch noch daran.
Der Sommer begann im Juni 2006 mit kühlen, teilweise sogar frostigen Bedingungen und es gab sogar Schnee in den Höhenlagen, was für diese Jahreszeit in Deutschland sehr ungewöhnlich war. Aber just zum Start der WM am 09. Juni stellte sich eine stabile Hochdrucklage ein. Zum Auftakt in München gab es angenehme 22°C. Während des ganzen Turniers war schönes Sommerwetter angesagt, Anfang Juli zwar auch mit Hitzegewittern, teilweise kurz vor Spielen, aber irgendwie hat es dann immer bis zum Anpfiff gepasst und für alle blieb eine tolle WM und ein toller Sommer in Erinnerung.
Was hat das mit unserer heutigen Wanderung zu tun? Ganz einfach: damals hieß es, auch das schöne Wetter hätte zur guten Stimmung bei der WM beigetragen und deshalb lief alles gut ab. Ich hatte zu der Zeit aber eine ganz andere Theorie, zugegeben etwas schräg, aber auch nicht ganz ernst gemeint. Ich sagte mir, es kann ja ebensogut genau umgekehrt gewesen sein. Alle waren so gut drauf, das sich die gute Stimmung auf das Wetter übertragen hat und deshalb genau zur richtigen Zeit, ein so schöner Sommer war. Crazy, ich weiß, aber mir gefällt der Gedanke auch heute noch. Und genau diesen Gedanken habe ich nun wieder. Es ist doch alles prima hier, wir sind gut gelaunt, das sollte doch auch den Wettergott positiv beeinflussen. Also mache ich mir weiter keinen Kopf um die dunklen Wolken am Himmel und genieße die Wanderung, alles wird gut!
Genau so kam es dann auch, es war zwar fast den ganzen Tag wolkenverhangen, aber geregnet hat es nie und ein Unwetter gab es schon gar nicht. Also wer weiß, vielleicht ist ja doch was dran an meiner Theorie?
Zurück zu unserer Wanderung.
Nach einigen hundert Metern auf der Hochebene, taucht unser Weg wieder ab, in den gerade ziemlich dunklen Wald. Wir kommen an einem sehr schönen Rastplatz bei der Ruine Andeck vorbei. Die Tische und Bänke stehen noch nicht lange hier, so neu wie die noch aussehen. Eigentlich ein schöner Spot für eine Mittagspause, aber dafür ist es noch zu früh. Deshalb gehen wir weiter und machen schließlich um Punkt 12 Uhr Pause auf einem weiteren Rastplatz, der sich außerhalb des Waldes zwischen Wiesen und Feldern befindet. Von hier aus blickt man auf das nahegelegene Talheim, wo gerade die Kirchturmuhr den Mittag einläutet. Unsere morgige Wanderung auf den höchsten Berg im benachbarten Landkreis Reutlingen startet ganz in der Nähe eben dieser Kirche, aber das weiß ich heute noch nicht, erst zu Hause fällt mir das auf.


Nachdem wir uns etwas gestärkt haben und Margit auf der hier installierten Schaukelliege ausgiebig geschaukelt hat, geht es für uns weiter in Richtung Dreifürstenstein. Im nächsten Wald führt der Weg zick-zack wieder nach oben zum Albtrauf, wo es 1983 einen heftigen Bergrutsch gab, laut Hinweistafel den größten seit mehr als hundert Jahren in Baden-Württemberg. Am Trauf entlang geht der Wanderweg weiter, bis wir schließlich den 854 Meter hohen Dreifürstenstein erreichen. Außer uns ist gerade niemand hier.


Vom Dreifürstenstein blickt man auf die ca. 10km entfernte Burg Hohenzollern. Ein paar Schritte weiter laden Tische und Bänke zum Verweilen ein. Wir machen eine ausgiebige Mittagspause und verspeisen den mitgebrachten Nussgipfel. Der schmeckt heute besonders gut, mit einer Bittermandel-Note im Abgang.




Nach unserer Pause geht es auf steilen Waldwegen wieder abwärts, bis kurz vor den Parkplatz Olgahöhe. Hier erwischt es uns nochmal voll. Der letzte Anstieg ist zwar kurz, hat es aber in sich. Die Sonne kommt plötzlich raus und knallt so richtig. Jetzt kommen wir kurz vor dem Ziel doch noch ins Schwitzen.
Zurück in Mössingen sitzen wir noch draußen in einem Kaffee und löffeln einen Eisbecher.
Plötzlich ist der Sommer zurück.
Ich finde es wird Zeit, das wieder mal eine Fußball-WM in Deutschland stattfindet!

