Sigmaringen: Schnaitkapf

Freitagnachmittag realisiere ich erst nach der Arbeit, dass am Wochenende Pfingsten ist und ich somit auch am Montag noch frei habe. Der Wetterbericht verspricht schönes Frühlingswetter, da könnten wir doch vielleicht den nächsten Nussgipfel in Angriff nehmen. Ich schaue, welcher dafür ohne größere Anreise und Planung in Frage kommen könnte und entscheide mich für den 920 Meter hohen Schnaitkapf1, der höchsten Erhebung im Landkreis Sigmaringen. Als Startpunkt wähle ich die Gemeinde Irndorf aus, von der aus ich unsere Wanderung plane. Dann suche ich nach Bäckereien in der Nähe des Ausgangspunktes, bei denen wir uns für das Gipfelvesper einen Nussgipfel (das Gebäck) kaufen könnten. In Irndorf gibt es eine Bäckerei, die hat aber sonntags geschlossen. Auf dem Weg nach Irndorf, kommen wir durch Fridingen an der Donau, wo es die Bäckerei Hermle gibt. Zu den Öffnungszeiten finde ich jedoch widersprüchliche Angaben. Einige Kilometer vorher liegt Neuhausen ob Eck auf unserer Strecke. Hier befindet sich die Bäckerei Wölki direkt an der Durchgangsstraße und hat angeblich auch sonntags geöffnet. Plan B wäre dann noch die Bäckerei Schneckenburger, die sich im zu Neuhausen gehörenden Take-off Gewerbepark befindet.
So fahren wir am Sonntag um kurz nach neun mit dem Auto los, in Richtung Irndorf. Schon die Fahrt macht Spaß. Die Landstraße über Steißlingen, Eigeltingen, Heudorf bis nach Neuhausen ist wie aus der Autowerbung. Hier ist sehr wenig Verkehr und die Landschaft ist wunderbar abwechslungsreich. Die Bäckerei Wölki ist schnell gefunden. Ein Schild an der Tür verrät uns dann, dass sonntags geöffnet ist, nicht aber heute, am Pfingstsonntag – aha. Irgendwie hatte ich da im Vorfeld wohl schon das richtige Gefühl, also Plan B: Bäckerei Schneckenburger hat geöffnet, hurra. Hier haben wir schon auf unserer Rückfahrt vom Rotreiß eine Kaffeepause eingelegt und an der 10 Meter entfernten Ladesäule unser Auto geladen. Sehr praktische Kombination! Heute steckt im Akku noch jede menge Energie, so dass wir nur kurz für unseren Einkauf anhalten. Bei der Frage nach Nussgipfeln schaut mich der junge Mann hinter der Theke allerdings nur fragend an. Scheint er nicht zu kennen. In der Auslage entdecken wir Buttergipfel und Nussschnecken und schon ist die Idee geboren, die zwei Teile als eine Arte „Bausatz“ zu kaufen und dann vor Ort einen Nussgipfel daraus zu machen. Vom angeblich so schönen Wetter ist gerade nur noch wenig übrig. Der Himmel hängt voller tiefer dunkler Wolken, der Wind frischt auf. Aber ab jetzt gibt es kein Zurück mehr, von so was lassen wir uns doch nicht aufhalten, wir fahren weiter.
In Irndorf fahren wir durch den Ort, um nach einer Parkmöglichkeit Ausschau zu halten. Da kommen uns nach einer Kurve plötzlich mehrere Pferde entgegen, die an der Leine geführt werden. Und zwar auf der vollen Breite der Straße! Alle sind entspannt und lachen. Die Pferdeführer scheinen genauso überrascht über die Begegnung, wie wir zu sein. Viel Durchgangsverkehr scheint es hier nicht zu geben. Dann parken wir neben der Friedhofskapelle, es kann losgehen.

Der Weg steigt leicht bergan und führt uns direkt aus dem Ort heraus. Dann über Wiesen, die gegenüberliegende obere Kante des nahen Donautals im Blick. Bald erreichen wir den Aussichtspunkt „Eichfelsen“ und genießen den wunderschönen Ausblick auf das Tal. Vor ein paar Jahren sind wir da unten, entlang der Donau, mit den Fahrrädern durchgefahren.


Vom Aussichtspunkt aus wandern wir weiter, bis hinunter an die Donau, um kurz darauf langsam aber stetig wieder aufwärts in Richtung des Schnaitkapf zu laufen. Wir gehen durch das „Finstertal“ das gar nicht so finster ist, wie es der Name vermuten lässt. Zu dieser Jahreszeit müsste es eigentlich Grüntal heißen. Überall üppige Vegetation und sonst Menschenleer – sehr schön hier!
Am Ende des Tals geht es wieder hinaus aus dem Wald, wir überqueren eine kleine Landstraße und sehen das erste mal den Schnaitkapf, der gut anhand des hohen Sendemastes zu identifizieren ist. Gleich nach der Straße geht es wieder in den nächsten Wald hinein. Was auffällt, anders als bei anderen Erhebungen, finden wir hier keine Hinweisschilder, die uns den Weg zeigen. Weil ich die Route aber auch auf dem Handy dabei habe, orientieren wir uns damit. Der Weg wird irgendwann sehr schmal und ist ziemlich bewachsen. Hier ist schon länger niemand mehr gewandert, das ist sicher nicht der „normale“ Zugang zum Schnaitkapf. Und dann zack, stehen wir fast schon unterhalb des 70 Meter hohen Funkturms. Schade dass man da nicht rauf darf, die Höhe ist wirklich beachtlich. Die Aussicht wäre bestimmt der Knaller.


Am Fuße des Turm befindet sich ein kleiner Grillplatz mit Tischen und Bänken sowie einer Schutzhütte. Laut Hinweisschild wird das alles gerade mit EU-Geldern und Landesmitteln renoviert: „Vorhaben des Maßnahmen- und Entwicklungsplans Ländlicher Raum Baden-Württemberg 2014 – 2020 (MEPL III).“ Also schöner hätte ich das auch nicht ausdrücken können.
Wie oben erwähnt, ist es uns zum ersten Mal nicht gelungen einen Nussgipfel zu kaufen. Aber wir haben ja unseren „Bausatz“ und machen uns ans Werk. Das funktioniert erstaunlich gut und das Ergebnis schmeckt sogar. Zumindest von der Optik könnt ihr euch hier selbst einen Eindruck verschaffen:

Auf dem Rückweg beschließen wir noch spontan einen Abstecher über die „Drei Kreuze“ zu machen. War es am Morgen noch nicht klar, wohin das Wetter heute kippt, hat sich spätestens jetzt sonniges Frühlingswetter durchgesetzt. Schöne weiße Wolken hängen wie überdimensionale Wattebausche tief aber ohne bedrohlich zu wirken, am darüber durchblinzelnden blauen Himmel. Eine gute Stunde nach unserer Mittagspause hängt aber auch unser Energielevel etwas durch, ein Kaffee wäre super, oder wenigstens eine gemütliche Bank zum Absitzen. Auf den Wiesen und Feldern ist ringsum keine Sitzgelegenheit auszumachen. Wir hoffen auf den nächsten Waldrand. Dort ist zunächst leider auch keine Rettung in Sicht. Aber dann, eine Kurve weiter, kommen die „Drei Kreuze“ zum Vorschein. Mit Schatten und zwei gemütlichen Holzbänken, tip top! Hier richten wir uns häuslich ein, schmeißen unsere „Kaffeemaschine“ an und alles ist wieder gut. Der letzte Wegabschnitt zurück nach Irndorf ist danach keine große Sache mehr.



Was bleibt?
Die eigentlich schon lange bekannte Erkenntnis, sich von dunklen Wolken am Morgen nicht aufhalten zu lassen. Oft werden daraus noch die schönsten Tage, so wie heute. Häufig auch solche mit viel Ruhe und ohne Gedränge. Die meisten Anderen sitzen ja noch zu Hause auf dem Sofa und checken auf der Wetter-App, wann das beste Zeitfenster für einen Ausflug sein könnte. Bis die endlich losgehen, sitzen wir schon wieder gemütlich in der nächsten Gartenwirtschaft.

